Anfahrt auf Aue in Sachsen.
Anfahrt auf Aue in Sachsen. (Foto: Thomas Victor (M))

Reise durch Sachsen - Unser Land

Die Kleinstadt Aue liegt in einem Talkessel, von Weitem sieht es aus, als würden die Häuser zur Ortsmitte hin abrutschen. Die Gipfel hier tragen Namen wie Hirschknochen und Hirnschädel. Die Wälder ringsum sind dicht. Es gibt Leute, die suchen im Unterholz nach geheimen Stollen, dem Hohenzollernschatz, dem Bernsteinzimmer. Am Bahnhof, wo die Schwarzwasser und die Mulde zusammenfließen, wartet Angela Klier. Eine kleine Frau mit rotbraunem Haar und hohen Stiefeln. Ihr Lächeln ist schmal und selten.

Mit schnellen Schritten führt sie durch die Stadt. Vorbei am “Picknick”, wo es eine passable Wurst gibt und die Pegel früher schneller stiegen als die der Flüsse nach Dauerregen. Vorbei am Café Samocca, wo der Kaffee frisch gemahlen wird und Menschen mit Behinderung die Bestellung aufnehmen. Zum Bürgerhaus hin, Spitztürmchen, Holzerker, Freitreppe. Nach dem Erbauer, einem jüdischen Wäschefabrikanten, wohnten hier die Nazis, die Sowjets und Säuglingsschwestern. Seit der Wende ist es der Arbeitsplatz von Angela Klier.

In den 90ern passte Klier auf, dass sich junge Punks und Bomberjackenträger in den Räumen nicht die Köpfe einschlugen, später fuhr sie von hier aus an den Stadtrand ins Asylbewerberheim, wo sich sechs Menschen ein Zimmer teilten und 200 eine Küche. Sie gründete ein Netzwerk für Flüchtlingshelfer, bietet Teestunden an und Gymnastik, sie hört sich die Geschichten von Flucht und Tod an und schafft es, sie aus ihren Träumen rauszuhalten. Über dem Schreibtisch in Kliers Büro hängen gerahmte Zertifikate. Sie ist eine von denen, die nicht aufhören können zu lernen. Gerade lernt sie, keine Angst zu haben.

Angela Klier hat viele Bezeichnungen gehört für das, was sie tut. Keine ist ihr besonders nah. Das Lokalblatt nennt sie “Migrationsexpertin”, von der “tapferen Sozialarbeiterin” schrieb eine Wochenzeitung. Nun soll sie auch noch eine Heuchlerin sein. Im vergangenen Jahr hängten Mitglieder der rechtsextremen Identitären Bewegung ein gelbes Transparent am Bürgerhaus auf, quer über die hölzerne Veranda. “Gegen alle Andersdenkenden. Im Namen der Demokratie!”, stand da. Darunter: “Heuchlerin Angela Klier”.

Die Asylpolitik hat zu Verwerfungen in Familien und Nachbarschaften geführt

Auch wer kein Migrationsexperte ist, erinnert sich: Von Herbst 2015 an erreichten Hunderttausende Geflüchtete Deutschland, später wurden sie umverteilt aus den Erstaufnahmen in alle möglichen Mittelstädte und Waldwinkel. Die Andersdenkenden, zumal jene in Sachsen, zwangen dem Land viele Debatten auf und noch mehr Bilder. Proteste, Gebrüll, zuweilen: Brandstiftung. Im öffentlichen Gedächtnis sind aus dieser Zeit Schlagzeilen geblieben, dazu Ortsmarken. Oft wurden deren Postleizahlen von einer 0 oder einer 1 angeführt.

Die Stimmung hinter diesen Zahlen war schon damals komplex, es ging nie um schwarz oder weiß, 0 oder 1. Das Klima der Gesellschaft im Osten ist gerade in ländlicheren Gebieten ein besonderes. Wärme und Kälte, Helles und Dunkles, alles vermischt sich zu wechselnden, seltenen Farben. Das Klima hat sich verändert, durch die Konflikte, die die Asylpolitik und der Protest dagegen in Nachbarschaften getragen hat, in Familien und Kollegenkreise.

Ist der Diskurs verschoben worden? Sind die Rechten bürgerlich geworden oder die Bürgerlichen rechts? Hat sich im Osten 27 Jahren nach der Wende eine weitere Grenze aufgelöst, diesmal ganz tief im Inneren?

Dieser Frage lässt sich einerseits am besten nachspüren in einer Zeit, in der es äußerlich wieder ruhig ist. In der keine Schlagzeilen im Weg stehen, die den Blick auf komplizierte Realitäten versperren; in der andererseits dieser Diskurs in zwei Monaten bei der Bundestagswahl zu individuellen Entscheidungen zwingen wird.

Es hat Angela Klier nicht gefallen, das Transparent mit ihrem Namen zu sehen. Aber es hat sie auch nicht überrascht. Das Erzgebirge gilt als Heimat des Kunsthandwerks, als Land der Klöppler und Drechsler. Kaum eine Familie in Deutschland, die nicht einen Schwibbogen, eine Pyramide, ein Räuchermännchen zu Hause hat. Kreativ war hier immer auch der Protest gegen die Asylpolitik und Menschen, die sich für Geflüchtete einsetzen. Eine Auswahl, ohne Anspruch auf Vollständigkeit: sechs Misthaufen vor der Gemeindeverwaltung Bad Schlema, in einem steckte ein Schild - “Wer Multikulti sät, wird Scheiße ernten”. In Grünhain-Beierfeld mauerten Unbekannte die Rathaustür zu. In Johanngeorgenstadt, Thalheim, Niederdorf fanden Anwohner aufgespießte Schweinsköpfe und daran Zettel: “Refugees not welcome”.

Angela Klier setzt sich seit der Wende in Aue für Flüchtlinge ein und hat nicht nur Freunde gewonnen. Sie lernt stetig dazu. Derzeit lernt sie, keine Angst zu haben.
Angela Klier setzt sich seit der Wende in Aue für Flüchtlinge ein und hat nicht nur Freunde gewonnen. Sie lernt stetig dazu. Derzeit lernt sie, keine Angst zu haben. (Foto: Matthias Ferdinand Döring)

Angela Klier ist eigentlich Kauffrau, sie hat im Messgerätewerk Zwönitz gearbeitet, später als Kindergärtnerin, bis schweres Asthma sie zwang, zu Hause zu bleiben. Über eine Selbsthilfegruppe kam sie zur sozialen Arbeit. Sie ist gut im Organisieren, spricht gern vor Publikum. Sie hat ja nicht nur mit Leuten zu tun, die Probleme machen, sondern vor allem mit denen, die Probleme haben. Sie weiß nicht, woran es liegt, dass so viele von den Andersdenkenden mit selbstgehäkelten Patriotenmützen herumlaufen. Sie kann sich nicht erklären, woher der Hass kommt. Sie kommt doch auch von hier, und sie liebt. Korsika und Peter Maffay zum Beispiel. Früher ist sie ihm hinterhergereist, heute fehlt ihr die Zeit. Täglich fährt sie von Dorf zu Dorf. Am Rückspiegel ihres roten Fiesta hängt ein Wimpel des Fußballvereins Erzgebirge Aue. Der Tacho steht bei 20 000 Kilometern, sie hat den Wagen seit knapp einem Jahr. Am Abend soll sie in Schwarzenberg eine Podiumsdiskussion moderieren. Thema ist der NSU-Prozess. Es wird Salzstangen geben, Bier für einen Euro und eine Warnung vom Staatsschutz: Gut möglich, dass Neonazis auftauchen. Am Ende bleibt es ruhig. Das ist nicht immer so.

Wie weit ist der Weg vom Völkerball zum Volksaufstand?

Im März haben sie in Aue eine Integrationsmesse veranstaltet. Geflüchtete sollten mit Firmen aus der Region zusammenfinden. Gekommen war auch der NPD-Mann aus dem Nachbarort. Er hatte eine Kamera dabei, einer der Veranstalter verlor die Nerven. Man kann sich bei Youtube anschauen, wie sein Kopf rot wird. Angela Klier steht daneben, mit dieser Mischung aus Resignation und Beherrschtheit, die sich bei Lehrern beobachten lässt, die schon sehr lange sehr ungezogene Klassen unterrichten. Die wissen, dass ein lautes Wort alles schlimmer machen kann. Denen es zur zweiten Natur geworden ist, blöde Wortmeldungen auszuhalten, um dann so emotional wie ein Nachrichtensprecher darauf zu antworten.

Der NPD-Mann heißt Stefan Hartung. Er hat rechte Sternenmärsche durch Aue organisiert und vor einigen Wochen den rechtsextremen Liedermacher Frank Rennicke für einen Auftritt in den Nachbarort geholt. Die 100 Karten waren sehr schnell weg. Hartung ist auch der Mann, der die Lichtelläufe initiierte. Lichteln, so nennen die Erzgebirger das vorweihnachtliche Beisammensein im Kerzenschein. In den kürzer werdenden Tagen im Spätherbst 2013 wurde daraus ein vorsätzlicher Abendaufmarsch mit Fackeln. Hunderte zogen jede Woche durch den Ort Schneeberg, wo eine Erstaufnahme für Flüchtlinge entstehen sollte. In den engen Gassen hörte man das erste Mal wieder “Wir sind das Volk!”. Ein knappes Jahr später kam Pegida.

Ist diese Wut schon wieder verweht? Oder haben sich nur alle daran gewöhnt?

“Wir sind nun mal nicht in Leipzig oder Dresden”, sagt Angela Klier. Sie ist gewöhnt an Verwaltungen, die wichtige Unterschriften verweigern, daran, dass ihre Projekte befristet sind. Sie ist gewöhnt an Bürgermeister, die ohne nachzudenken das Wort Neger benutzen. Aber im vergangenen Jahr sei hier etwas aus den Fugen geraten, sagt sie. Da reichte es den besorgten Bürgern plötzlich nicht mehr, am Montagabend in Schneewehen vor Asylbewerberheimen zu stehen und mit dem Tremolo der Unterkühlten “Deutschland erwache!” zu schreien.

Was gerade noch mit heißem Atem in die Nacht gebrüllt wurde, kondensiert langsam zu dauerhaften Strukturen. Die Andersdenkenden und Besorgten gründen jetzt selbst Vereine. Sie heißen Freigeist, Unsere Heimat - unsere Zukunft, Heimattreue Niederdorf. Die Ziele lassen sich in den Satzungen nachlesen: Natur- und Landschaftspflege, Geld- und Sachspenden für einheimische Bedürftige. Wahrung der politischen und sozialen Interessen der Bevölkerung im Erzgebirge, Wahrung und Schutz der deutschen Kultur. Diese Vereine veranstalten Völkerballturniere und Liederabende, die Menschen treffen sich zum Sushirollen und zum Gaudirodeln, sie setzen sich für den Schutz des Wolfes ein. In den Vorständen: NPD-Mann Hartung sowie ein Mitglied der rechtsextremen Partei “Dritter Weg”, aber auch Menschen, die politisch noch nie aufgefallen sind.

Wie weit ist der Weg vom Völkerball zum Volksaufstand?

Einen “gesunden Nationalstolz”, den wolle Thomas Witte wieder etablieren

Besuch in Niederdorf, einer der kleinsten, aber wirtschaftsstärksten Gemeinden im Erzgebirge. 1200 Einwohner, weiße Einfamilienhäuschen. Es gibt eine Streuobstwiese mit 120 Bäumen, eine grüne Anhöhe, auf der Kühe grasen. Es gibt eine Kita aber keine Schule.

An der Hauptstraße wartet Thomas Witte, schiefes Grinsen, fester Händedruck. Witte, 31, ist gelernter Bankkaufmann und ehemaliger Soldat. 2016 hat er mit ein paar Gleichgesinnten den Verein Heimattreue Niederdorf gegründet. Er hat einen Stoffbeutel mit Kuchen dabei und gibt eine Führung durch das Dorf.

Das Dorf, sagt Witte, ist ja eigentlich nicht mehr das Dorf. Längst kennt er nicht mehr alle, die hier wohnen. Viele seien zugezogen. Er habe spüren können, wie das Gemeinschaftsgefühl verloren ging. Bis es im Herbst 2015 hieß, es kommen Flüchtlinge in den Ort, ins ehemalige Landratsamt. Plötzlich hatten die Menschen wieder ein Gesprächsthema, wenn sie sich auf der Straße trafen. Sie standen beisammen und schauten hinüber zum Heim.

Was sich verschlechtert hat, seit das Heim da ist? Zum Aldi muss man einen Umweg gehen

Dort, vor einem mannshohen Zaun, bleibt Witte stehen. In einem Schaukasten hängen Buntstifteichnungen, drinnen fährt ein Kind auf einem Dreirad im Kreis. “Niemand in Niederdorf hat etwas gegen Asyl”, sagt Witte. Aber so ein Land funktioniere doch ähnlich wie ein Verein. Nur wer sich einbringt, Beiträge zahlt und Ziele teilt, sollte bleiben dürfen.

Ginge es nach Thomas Witte, müsste das Land wie ein Verein funktionieren: Nur wer Ziele teilt und Beiträge zahlt, darf bleiben. Den Bewohnern seiner Heimat will er Nationalstolz nahe bringen.
Ginge es nach Thomas Witte, müsste das Land wie ein Verein funktionieren: Nur wer Ziele teilt und Beiträge zahlt, darf bleiben. Den Bewohnern seiner Heimat will er Nationalstolz nahe bringen. (Foto: Charlotte Sattler)

2009 war Thomas Witte für ein halbes Jahr in Afghanistan, als Kraftfahrer bei den Verbindungsoffizieren. Er glaubt, dass die meisten Afghanen keinen Grund haben zur Flucht. In Masar-i-Scharif sehe man viele westlich gekleidete Frauen und noch mehr Menschen mit Handys. Einmal habe er nach der Rückkehr von einer Operation sein Lager nicht beziehen können, weil die Bundeskanzlerin das Camp besuchte. “Ich habe das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes am Hindukusch verteidigt. Jetzt mache ich dasselbe hier und soll ein Nazi sein.”

Ist Thomas Witte noch immer im Krieg?

Er kämpft, so viel ist klar, auch in der Heimat an vielen Fronten. Manchmal spricht Witte wie ein Youtube-Kanal, springt von Westerwelle, den er schätzte, zur Ehe für alle, die er nicht schätzt, erklärt, dass er die AfD in ihrer Zerstrittenheit nicht ernst nehmen könne und die Debatte um die Pkw-Maut auch nicht. Er sei ein politisch interessierter Mensch, sagt Witte. Kein stumpfer Hetzer.

Seit etwa einem Jahr haben auch die Heimattreuen ein Heim. Es liegt gegenüber vom Gasthof “Elysium”, früher war hier eine Post. Hinter dem Zaun stellt ein Boxer namens Krümel die Ohren auf. Sie haben das alte Gebäude mit viel Aufwand renoviert, Wände eingerissen und die Fassade trockengelegt, ein Büro eingerichtet. Zur Eröffnung im vergangenen Sommer gab es Freibier, eine Hüpfburg und ein Feuerwerk. Man dankte Sponsoren und Unterstützern aus dem Ort, dem Schmied, dem Landtischler, dem Bauschlosser. Auch jenen, die sich nicht namentlich nennen lassen wollten aus “Angst vor Repressalien”. Um die 90 Mitglieder hat der Verein heute, die meisten zwischen 40 und 60 Jahre alt.

Drinnen ist die Decke niedrig, es gibt eine Bar und eine Vitrine voll gehäkelter Mützen und Eierwärmer in Schwarz-Weiß-Rot, den Farben des Kaiserreichs. Auf einer Anrichte liegen das Grundgesetz und der Verfassungsschutzbericht. Obwohl draußen 20 Grad herrschen, heizt Witte den Ofen an. Er holt sich eine Flasche Apfelsaft, raucht.

Nicht jeder im Ort teile seine politische Haltung, sagt Thomas Witte. Aber das Freizeitangebot, die Tanzabende, das Kinderzelten würden viele Niederdorfer gern annehmen. Als Vorbereitung auf die Bundestagswahl lädt der Verein derzeit Lokalpolitiker verschiedener Parteien zum Gespräch. “Bei jedem Menschen, den man kennenlernt, versucht man ja etwas zu lernen”, sagt Witte. Manche Menschen aber möchte er gar nicht erst kennenlernen. Die Flüchtlinge zum Beispiel, die im Asylbewerberheim an der Hauptstraße wohnen.

Stattdessen hat er Demos organisiert, direkt hinter dem Heim. In besten Zeiten kamen 300 Mann. Sie stellten Kerzen auf, aus den Lautsprechern schepperte das Deutschlandlied, auch die erste Strophe. Als Verpflegung wurde eine Eigenkreation gereicht: die Patriotenwurst.

Was hat sich verschlechtert, seit das Heim da ist? Witte überlegt und sagt: Die alten Leute müssten jetzt einen Umweg nehmen, um zum Aldi zu kommen.

Thomas Witte ist dagegen, dass Menschen einfach so Grenzen überschreiten. Bei sich selber ist er nicht so streng. Er kann über Wortschöpfungen wie “Nafricola” oder “Kohlrabbi” lachen. Sein Humor sei provokant, räumt er ein, Sprechverbote lehnt er ab. “Der eine sagt Flüchtling, der andere sagt im Eifer des Gefechts halt Kanake. Ich weiß, das ändert die Richtung eines Gesprächs, aber das muss nicht immer böse gemeint sein.”

Aue im Erzgebirge, 16 000 Einwohner. Die Gegend gilt als Heimat des Kunsthandwerks, als Land der Klöppler und Drechsler. Kreativ war immer auch der Protest gegen Menschen, die sich für Geflüchtete einsetzen.
Aue im Erzgebirge, 16 000 Einwohner. Die Gegend gilt als Heimat des Kunsthandwerks, als Land der Klöppler und Drechsler. Kreativ war immer auch der Protest gegen Menschen, die sich für Geflüchtete einsetzen. (Foto: Thomas Victor)

Auf einem Regal im Vereinsheim stehen Miniaturgalgen, daran zwei Zettel: Reserviert für Sigmar “das Pack” Gabriel. Reserviert für Angela “Mutti” Merkel. Es sind Nachbauten des Pegida-Galgens, der 2015 Schlagzeilen machte. Ein befreundeter Werkzeughändler aus dem Nachbarort hatte den gebaut. Jetzt verkaufen sie die Minigalgen für 15 Euro das Stück.

Witte demonstriert nicht nur vor seiner Haustür, er fährt durchs Land, dreht Videos, stellt sie ins Netz. Er war dabei, als Heiko Maas am 1. Mai 2016 von einer aufgebrachten Menge vom Zwickauer Marktplatz vertrieben wurde. Er fuhr am 3. Oktober nach Dresden, um dasselbe bei Angela Merkel zu versuchen. “Trillerpfeifenprotest” nennt Witte das. Die Aufregungdarüber nennt er albern. “Wenn die Linken eine Guillotine bauen, gilt das als kreativ.” Einfallsreich sind auch die Heimattreuen. Zur 570-Jahr-Feier des Dorfes wollen sie Strohpuppen basteln, wie Vogelscheuchen sollen die auf die Wiesen gesetzt werden, um das Dorf zu dekorieren. Es ist noch gar nicht lange her, da wurden solche Puppen überall im Erzgebirge gefunden, in Gelenau, Auerbach, Kleinrückerswalde. Sie lagen auf Bahnhofsbänken, hingen an Tannen, mit roter Farbe beschmiert. Einige trugen Schilder um den Hals: “Multikulti tötet”. Thomas Witte sagt, er habe von der Aktion gehört, aber nicht, wer es gewesen sei. Die Identitären vielleicht, aber von denen sei er kein Fan. Während er das sagt, schaut er auf ein Poster. “Bäume haben Wurzeln, Menschen auch”, steht da. Man kann es in einem Online-Shop der Identitären Bewegung Österreich erstehen.

Auch mit der NPD will Witte nichts zu tun haben, aber im Liederbuch der Heimattreuen findet sich auch der Evergreen “Das Mädel mit der Fahne” des Liedermachers Frank Rennicke. Witte ist mit dem NPD-Mann Stefan Hartung befreundet, auch mit Leuten von der einschlägigen Kleinpartei “Dritter Weg”. Solange die sich benehmen, sei dagegen doch nichts einzuwenden, sagt er. Genauso wenig wie gegen einen “gesunden Nationalstolz”. Den wolle er in Niederdorf wieder etablieren, jenseits der Extreme freilich - ohne Gewalt, ohne Brandsätze oder Prügel. Das überlasse man den linken Chaoten.

Aber beginnt Gewalt nicht schon früher, bei Bannern am Büro, beim Galgenbasteln? Wer sagt, dass es dabei bleibt?

Annalena Schmidt über Bautzen: “Mein Ziel ist es, dass die Leute zugeben: Stimmt, wir haben hier ein Problem von rechts.”

Morgens überlegt Annalena Schmidt manchmal, welche Schuhe sie anziehen soll. Meist fällt ihre Wahl dann auf die flachen. Mit denen kann sie besser rennen. “Ich habe mir komisches Zeug angewöhnt, seit ich nach Bautzen gezogen bin”, sagt sie. Das Fenster zu schließen, wenn sie telefoniert zum Beispiel. Oder einen Ceranfeldschaber in ihrer Handtasche herumzutragen. Schmidt, 31, stammt aus Hessen. Sie hat zur Holocaust-Forschung promoviert, ihr Sorbisch ist am besten nach einem Bier. Schmidt hat in Warschau und Jerusalem gelebt, aber nicht einmal dort habe sie die Gesellschaft als so gespalten wahrgenommen wie hier im Osten Sachsens.

Schmidt sitzt im Steinhaus, einem Kulturzentrum, wo jeder willkommen ist, der schon mal flüchten musste, sei es vor Bomben oder vor Bomberjacken. Sie erzählt vom Tag ihres Vorstellungsgesprächs am Sorbischen Institut: Es regnete, und ihr gingen die Zigaretten aus. Schmidt spazierte vom Bahnhof ins Kornmarktcenter, draußen grauer Beton, drinnen die eilige Dreifaltigkeit aus Deichmann, Rossmann, Ditsch. Plötzlich brüllten zwei Männer mit Einkaufstüten einem dritten hinterher: “Ey du Kanake, verschwinde!” Der Mann huschte davon, niemand drehte sich um. Und Annalena Schmidt überlegte, ob sie den nächsten Zug zurück in den Westen nehmen sollte. Nicht der Beschimpfte sei ihr fremd vorgekommen, sagt sie, sondern das Schweigen der anderen. “So etwas habe ich in Gießen nie erlebt.”

Die Krawallnacht in Bautzen hat ihren Glauben an die Behörden erschüttert

Annalena Schmidt ist eine große Frau. Wenn sie lacht, drehen sich die Leute um. Damals, nach ihrem Vorstellungsgespräch, hat sie nach Gründen gesucht, die für Bautzen sprechen. Sie fand das Steinhaus und die Initiative “Bautzen bleibt bunt”. Sie übernahm Patenschaften für Familien aus Syrien und dem Irak. Sie blieb.

Sie blieb auch, als im Herbst des vergangenen Jahres im Bautzener Stadtzentrum Steine flogen und Flaschen. Sie war dabei, als wieder mal etwas aus den Fugen geriet, bei den Krawallen auf dem Kornmarkt.

Seitdem ist Bautzen zusammengeschrumpft auf die 5000 Quadratmeter zwischen Stadtmuseum und Reichenturm, die sie hier Platte nennen. “Platte”, so heißt auch eine Ermittlungsgruppe der Polizei. Im Herbst des vergangenen Jahres gerieten minderjährige Flüchtlinge und Rechte aneinander. Das Landratsamt verhängte ein Ausgeh- und Alkoholverbot - für die Flüchtlinge. Noch heute parkt ein Streifenwagen in der Nähe der Platte. Sie soll kein Battlefield werden, auf dem die Lager wieder aneinanderrasseln.

Glaubt man Annalena Schmidt, hat sich dieser Abend anders zugetragen, als es die Polizei in ihrer Pressekonferenz darstellte. Die Beamten hätten nicht Flüchtlinge und Neonazis trennen müssen, sondern seien gezielt auf die Geflüchteten losgegangen, mit Pfefferspray und Schlagstöcken, sie selbst sei beiseitegestoßen worden. Schmidt sagt, ihr Glaube an die Behörden sei in dieser Nacht erschüttert worden. Seit dieser Nacht scrollt sie durch Facebookprofile: Nationale Front Bautzen, Bürgerbewegung Bautzen, Sachsen wehrt sich, Rechtes Kollektiv. Seit diesem Abend bekommt sie immer wieder anonyme Anrufe. Sie hat darüber Protokoll geführt, an den Tagen vor einer großen NPD-Demo.

Annalena Schmidt ist Historikerin. Neu nach Bautzen gezogen, sah sie im Zentrum Steine und Flaschen über den Kornmarkt fliegen. Seitdem kämpft sie gegen rechte Strukturen in der Stadt.
Annalena Schmidt ist Historikerin. Neu nach Bautzen gezogen, sah sie im Zentrum Steine und Flaschen über den Kornmarkt fliegen. Seitdem kämpft sie gegen rechte Strukturen in der Stadt. (Foto: Thomas Victor)

\29. April, 14.42 Uhr: Anruf von unbekannt. \29. April, 17.00 Uhr: “Hallo Annalena, geht’s dir gut? Nicht mehr lange.” \29. April, 21.36 Uhr: “Hör auf mit deinen Scheißaktionen.” \30. April, 01.00 Uhr: “Mach deinen Fernseher aus!” \1. Mai, 11.48 Uhr: “Geh runter von der Straße! Blaue Hose, graue Jacke.” \1. Mai, 11.53 Uhr: Anruf von unbekannt. \1. Mai, 12.23 Uhr: Anruf von unbekannt. \1. Mai, 12.24 Uhr: Anruf von unbekannt. \1. Mai, 12.27 Uhr: “Pass auf dem Heimweg auf! Wir kriegen dich.” \1. Mai, 14.28 Uhr: “Hör auf mit deinen Scheißaktionen.”

Schmidts Handynummer steht im Telefonbuch, ihre Adresse auch. Sie hat sich nicht vorstellen können, dass das mal zum Problem werden könnte. Aber sie hat auch keine Lust, den Eintrag entfernen zu lassen. Sie schließt jetzt das Fenster, wenn sie telefoniert, aber wenn sie einkaufen geht, holt sie den Ceranfeldschaber aus der Tasche und kratzt Nazi-Sticker von Laternenmasten. Sie klebt sie in ein Album, “aus historischem Interesse”, wie sie sagt.

Mit dem Ceranfeldschaber kratzt sie Nazi-Sticker von Laternenmasten

Streng genommen hat sich auch Annalena Schmidt radikalisiert. Sie ist politischer geworden, eindeutiger, unbequemer. Die Parteien vor Ort buhlen um sie, SPD, Linke, Grüne. Junge Frauen sind rar in der Stadt. Aber Annalena Schmidt will in keine Partei eintreten, sondern nur für ihre Überzeugung. “Mir ist schon klar, dass ich Bautzen nicht im Alleingang zu einer toleranten Stadt machen kann”, sagt sie. Mein Ziel ist es, dass die Leute zugeben: Stimmt, wir haben ein Problem von rechts.”

Blick nach rechts, Blick nach links - und am Ende steht man doch wieder vor der Frage: Was machen eigentlich die Leute dazwischen so? Ein Tag im Mai, durch die Tür zum großen Saal des Hotels Residence in Bautzen quellen noch immer Menschen nach drinnen. Dort gibt es schon keine Plätze mehr, Annalena Schmidt hat als interessierte Beobachterin eben so noch einen bekommen. Draußen ist es warm, sonnig, hell. Statt zu grillen, sind die Bautzner aber hier ins Gewerbegebiet gekommen, um bei schlechter Luft den Grundlagenvortrag eines Politikprofessors zu hören. “Wider die Spaltung der Bürgergesellschaft!”, steht es in der ersten Manuskriptzeile von Werner J. Patzelt. Womöglich sind die Dinge ja doch in viel besserer Ordnung als gedacht?

Das schnell getuschte Klischee von der Tristesse im Osten trifft auf Bautzen ohnehin nicht zu. In der verwinkelten Altstadt gibt es hübsche Türme, darunter ein besonders hübscher schiefer. Es gibt eine Sternwarte und den Saurierpark Kleinwelka. Wenn öffentlich gestritten wird, dann um die alte Lok, die am Bahnhof im hohen Gras steht und weg soll.

Aber da ist auch der Spielzeugladen voller Verschwörungsliteratur, da war auch der Brand im Husarenhof und der Handwerker, der sich filmte, während er den verrußten Dachstuhl mit den Worten inspizierte: “Kameraden, Sieg Heil! Hier, das können sie noch bewohnen, die Kanaken.”

Bürger einer Stadt sitzen zusammen und diskutieren in ihrer Mehrheit “das System” als etwas Verkommenes

Wider die Spaltung der Bürgergesellschaft? Eingeladen hat den Referenten die Initiative “Wir sind Deutschland” (WSD), sie wird getragen unter anderem von Veit Gähler und Jörg Drews. Gähler betreibt in Bautzen den Spielzeugladen mit den Schmökern für Skeptiker, Reichsbürger und anderswie Andersdenkende. Er ist zudem Herausgeber von Denkste?!, einer “Zeitung zur Meinungsbildung”. Auf der Titelseite der aktuellen Ausgabe steht der Kopf von Martin Schulz schief montiert auf dem Körper von Angela Merkel. Auf den Seiten danach: SPD schlecht, Amis böse, Regionalgeld gut, Medien Mist.

Jörg Drews ist ein Brückenbauer. Im Gegensatz zu den meisten anderen, über die man so etwas sagt, baut er wirklich welche. Echte Brücken, ziemlich viele, ziemlich große und gerne im Auftrag der öffentlichen Hand. In Bautzen ist Drews ein wichtiger und bekannter Mann. Welche Rolle kann und will so jemand spielen beim Zusammenwachsen oder Auseinanderdriften einer Stadtgesellschaft? Ist es ihm recht oder egal, dass er mit seinen Veranstaltungen auch Ressentiments und Reichsbürgern ein Forum gibt? Dass der Abend von einer Gesandten des rechtspopulistischen Magazins Compact mitmoderiert wird, darf man das als Hinweis darauf verstehen, wie die Veranstalter sich unabhängige Medien vorstellen? Darüber will Drews, trotz vieler Versuche, nicht reden.

Manchmal aber sprechen Dinge auch einfach für sich, so ist es im Hotel Residence. Im Publikum sitzen Damen mit akkurat frisierten Köpfen, in akkurat gezupften Kostümen. Es sitzen hier aber auch Männer mit rätselhaften T-Shirts, auf deren Brust zum Beispiel steht: “Querulant seit 1999”. Den Referenten erwarten sie nicht vollumfänglich als einen der ihren. Aber doch als einen Mann, der sie versteht.

Werner J. Patzelt hat einen Lehrstuhl an der TU Dresden, er ist CDU-Mitglied, einigen Linken werden die Augen zu Schlitzen, sobald man seinen Namen erwähnt. Sie finden, Patzelt pflege zu viel Nachsicht in seiner Beurteilung der Pegida-Bewegung. Patzelt beginnt mit der Polarisierung der Gesellschaft. Damit, dass die Bürger darauf achten sollten, dass das Sprechen über Polarisierung nicht einer weiteren Polarisierung diene. Er spricht über Spannungen, die, wenn nicht ernst genommen, zu Spaltungen werden. Er spricht darüber, dass es in Gesellschaften immer Interessen gebe, auch zweifelhafte, man könne sie nicht verbieten. Patzelt sagt, dass diese Interessen sich über Mehrheitsregierungen vermittelten, und dass dieses Prinzip auch dann gut sei, “wenn ich mal nicht Teil der Mehrheit” bin.

Es sind die allgemeinen Geschäftsbedingungen dieses Landes. Die Mehrheitsreaktionen im Publikum aber fallen verhalten aus. Höflichkeitsapplaus.

Interessanter wird es im Saal erst, als die anschließende Fragerunde das Thema “Reichsbürger” erreicht. “Das alles ist völliger Unsinn”, sagt Patzelt. Offener, in hinteren Reihen teilweise höhnischer Widerspruch. Bald steht ein Mann auf, er ruft im Gehen, dass er sich jetzt auf den Weg nach Hause mache, “und ich rate Ihnen, Sie sollten auch bald Ihren Hut nehmen”.

Ist da neues Selbstbewusstsein der Bürger zu erkennen? Oder anmaßende Respektlosigkeit?

So sieht es aus, im Sommer 2017 in Sachsen: Der von Linken problematisierte Professor Patzelt, der sich selbst einen “Systemling” nennt, hat bei den mindestens Konservativen einen schweren Stand.

Optimistisch bilanziert, erleben die Gäste hier einen weitgehend sachlichen Streit, an dessen Ende eine Frau sich sogar an Patzelt herantraut und ihm dankt.

Pessimistisch bilanziert, muss sich nach solch einem Abend die Frage stellen: In was für einem Land leben wir eigentlich? Bürger einer Stadt sitzen zusammen und diskutieren in ihrer Mehrheit “das System” als etwas irgendwie Verkommenes.

Diese Verschiebung lässt sich wahlweise als neues Selbstbewusstsein der Bürger beschreiben - oder als anmaßende Respektlosigkeit vor den Grundfesten des Zusammenlebens. Wie entwickelt sich so eine Gesellschaft weiter?

Wider die Spaltung der Bürgerschaft, das wäre eigentlich ein schöner Name für das Ministerium von Petra Köpping. Sie ist in Sachsen aber Staatsministerin für Gleichstellung und Integration. Die SPD verhandelte diesen Zuschnitt nach der vergangenen Landtagswahl, die zur großen Koalition geführt hatte. Ihr Ziel war es, das Bemühen um die Integration von Geflüchteten sichtbarer zu machen. Petra Köpping hat dann aber irgendwann angefangen, den Begriff Integration weiter auszulegen.

Köpping hat vor einiger Zeit eine Rede gehalten, in der sie dafür warb, die Ostdeutschen mögen offener mit ihren Nachwendegeschichten umgehen. Sie sollten erzählen von ihren Niederlagen, Verletzungen, Ängsten. Diese Geschichten verdienten mehr Würdigung. Es geht ihr um die Lebenswege derer, die in einer Mischung aus Desinteresse und Grobschlächtigkeit oft pauschal “Wendeverlierer” genannt werden.

Petra Köpping dachte, sie würde es als Integrationsministerin in Sachsen hauptsächlich mit Flüchtlingen zu tun bekommen. Nun spricht sie oft mit enttäuschten, deutschen Männern.
Petra Köpping dachte, sie würde es als Integrationsministerin in Sachsen hauptsächlich mit Flüchtlingen zu tun bekommen. Nun spricht sie oft mit enttäuschten, deutschen Männern. (Foto: Thomas Victor)

Was bleibt nach den Abwanderungen an Zivilgesellschaft zurück?

Seit dieser Rede rennen die Leute, oft nicht mehr ganz junge Männer, Köpping die Sprechstunden und die Bude ein. Und wenn man sie nun heute fragt, für wen sie als Integrationsministerin eigentlich zuständig sei, dann sagt Köpping vorweg, sie habe anfangs auch selbst vor allem an geflüchtete Menschen gedacht. “Bis dann bei Veranstaltungen häufiger der Vorwurf aus dem Publikum kam: Integriert doch erst mal uns! Da habe ich gelernt, dass dieser Begriff viel weiter zu fassen ist, dass er nicht die Integration einer bestimmten Gruppe bedeutet, sondern etwas mit Zusammenführung in der Gesellschaft zu tun hat, und da gehören alle dazu.”

Petra Köpping sitzt auf der Sonnenterrasse des Sächsischen Landtags in Dresden, sie sitzt da wie eine Regionalausgabe Sachsen von Senta Berger. Dass einem ihre angenehme Unverzagtheit sofort auffällt, erinnert einen sogleich unangenehm daran, wie robotisch sächsische Landespolitik sich sonst gern durch die Lagen meiert.

Köpping pflegt das Narrativ, dass sie vor allem ihr Weg vor dieser Landespolitik sehr geprägt hat. Sie war Bürgermeisterin von Großpösna und Landrätin bei Leipzig, sie erinnert sich an die erste große Ausreisewelle vor der Wende, “als alles in den Westen ging, was irgendwie einen guten Beruf hatte”, Anwälte oder Ärzte. Sie erinnert sich an die zweite Welle nach 1990, als das Land Kitas, Schulen, Studienplätze organisierte und die Jungen danach zum Geldverdienen und Steuernzahlen in den Westen gingen. Was bleibt da, zumal auf dem Land, an Zivilgesellschaft zurück?

Womöglich fehlen jetzt und schon seit Langem jene, die Dialog und Ausgleich organisieren und moderieren könnten. Petra Köpping erinnert sich an Gewerkschaftsversammlungen aus dem Jahr 2005, bei denen sie “die gleichen Pullover, die gleichen Blutwurstbrötchen, die gleichen Reden wie vor der Wende” erlebte. Vieles war schon stehen geblieben, anderes liegt verschütt oder ist vernarbt. Und jetzt kommt Petra Köpping und sagt sinngemäß, man könne und möge doch bitte mal über alles reden.

Es brauche jetzt keine Gesetze oder Regierungsprogramme, um den Glauben an das Gute von Staat und Gesellschaft jenen wieder näherzubringen, die von ihm abgefallen sind, sagt sie. “Da geht es um Zwischenmenschlichkeit, und die ist einfach ein wenig verloren gegangen in den vergangenen 25 Jahren.”

Zwischenmenschlichkeit, was für ein ältliches Wort. Was für ein in seinem Kern banaler Wunsch. Er ist heute, im Jahr der Bundestagswahl, der beste Vorschlag, der derzeit auf dem Markt ist.

Autoren

Ulrike Nimz (Text)

Ulrike Nimz, 1983 in Rostock geboren, hat Germanistik, Soziologie und Journalistik studiert. Fünf Jahre Reporterin für die Freie Presse in Chemnitz. Seit 2015 Redakteurin im innenpolitischen Ressort der SZ. Lebt in München, liebt in Leipzig.

Cornelius Pollmer (Text)

Cornelius Pollmer wurde 1984 in Dresden geboren, er hat dort Volkswirtschaft studiert und erstmals journalistisch gearbeitet: als Reporter für die Seite 3 und den Kulturteil der Sächsischen Zeitung sowie als Textchef für das Jugendmagazin Spiesser. 2008 wechselte er nach München und besuchte die Deutsche Journalistenschule. Nach Praktika im Ressort Außenpolitik und im Berliner Büro der Süddeutschen Zeitung folgte eine längere Mitarbeit im Dresdner Büro derZeit. Sein Volontariat bei der SZ mit Stationen in Los Angeles und Brüssel begann im Oktober 2010. Seit März 2013 berichtet er für die SZ aus Dresden, von dort hat er die Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen im Blick.

Thomas Victor (Fotos)

Thomas Victor arbeitet als freier Fotograf in Leipzig. Seine Reportagen erschienen in Geo, Spiegel, Stern, SZ und Die Zeit. Er ist Mitglied der Agentur Focus.

Quellen