Neue Regierung der Moldau wappnet sich

Die Druck­ver­su­che aus Mos­kau wer­den im­mer dreis­ter

Vor einigen Tagen sind Details über russische Umsturzpläne in dem Nachbarland der Ukraine publik geworden. Nun hat eine neue Regierung die Amtsgeschäfte übernommen.

Die Moldau hat turbulente Tage hinter sich: Warnungen vor russischen Umsturzplänen, der Rücktritt der Regierungschefin, ein verdächtiger Ballon am Himmel und eine Einreisesperre für Sportfans aus dem Balkan. Doch nun hat das kleine Land zwischen Rumänien und der Ukraine wieder eine Regierung. Am Donnerstag hat das Parlament in Chisinau den neuen Ministerpräsidenten Dorin Recean und sein Kabinett bestätigt. Was ist geschehen?

Vergangene Woche hatte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski am EU-Sondergipfel in Brüssel mitgeteilt, dass die Sicherheitsbehörden seines Landes russische Pläne zur Destabilisierung der Moldau aufgedeckt hätten. Der moldauische Nachrichtendienst bestätigte kurz darauf, von Kiew über die Gefahr informiert worden zu sein.

Angst vor russischer Sabotage

Die moldauische Präsidentin Maia Sandu enthüllte am Montag weitere Details. Laut den Angaben war geplant, durch Sabotageaktionen, Angriffe auf staatliche Gebäude und andere Gewaltakte die öffentliche Ordnung zu untergraben, um die Voraussetzungen für eine Machtübernahme durch prorussische Kräfte in Chisinau zu schaffen.

Ausgeführt werden sollten die Aktionen durch militärisch ausgebildete Personen, die neben Russland und Weissrussland auch aus Serbien und Montenegro ins Land reisen sollten. Die Moldau untersagte daraufhin einem montenegrinischen Boxteam und einer Gruppe serbischer Fussballfans die Einreise ins Land, was in den beiden Balkanstaaten Protest und Unverständnis auslöste.

Was abenteuerlich klingt, entspricht durchaus dem Vorgehen, das Russland auch in anderen ehemaligen Sowjetrepubliken angewendet hat, die dem Einfluss des Kremls zu entgleiten drohten. Unbestritten ist, dass der prowestliche Kurs der Moldau, die seit Juni sogar EU-Beitritts-Kandidatin ist, Moskau schon lange ein Dorn im Auge ist. Der Kreml betrachtet die ehemalige Sowjetrepublik, in der eine beträchtliche russischsprachige Minderheit lebt, als Teil der eigenen Einflusssphäre.

Die russischen Druckversuche haben in den letzten Monaten stark zugenommen. Über den grössten Hebel verfügt Russland in der Energiepolitik. Bis vor kurzem deckte die Moldau ihren gesamten Gasverbrauch über russische Importe. Im Oktober reduzierte Moskau plötzlich die Liefermenge und liess so die Preise auf ein Niveau ansteigen, das für viele der 2,5 Millionen Menschen im Land nicht mehr tragbar war.

Darauf organisierte die Partei eines Oligarchen, der über gute Verbindungen nach Russland verfügt, während Wochen Proteste gegen die Regierung. Im November gab es zudem einen grossen Cyberangriff, hinter dem ebenfalls der Kreml vermutet wird.

Dies alles spielt sich ab vor einem verschärften Bewusstsein für die Bedrohungslage seit dem russischen Überfall auf die Ukraine. Im Osten der Moldau, in der abtrünnigen Region Transnistrien, sind seit drei Jahrzehnten russische Truppen stationiert. Die Moldau ist weder Teil eines Verteidigungsbündnisses, noch verfügt das Land über nennenswerte eigene Streitkräfte. Deshalb will man nun auch in die Wehrfähigkeit investieren.

Das Volk ist unzufrieden

Sollte Russland seinen Angriff über die Ukraine hinaus ausweiten, wäre die Moldau wohl das naheliegendste Ziel. Bereits mehrmals haben russische Raketen moldauisches Territorium überflogen. Als am Dienstag ein verdächtiger Ballon am Himmel entdeckt wurde, sperrte Chisinau kurzfristig den gesamten Luftraum.

Direkt am Tag nach Selenskis Erklärung in Brüssel trat die moldauische Regierungschefin Natalia Gavrilita von ihrem Amt zurück. Als Grund nannte sie unter anderem fehlende Unterstützung im Land. Vieles deutet darauf hin, dass der Schritt auf Druck von Präsidentin Sandu erfolgte. Diese nominierte umgehend ihren Sicherheitsberater Dorin Recean für die Nachfolge. Tatsächlich sendet ein Sicherheitspolitiker an der Spitze der Regierung in der gegenwärtigen Bedrohungslage das richtige Signal aus.

Laut den meisten Beobachtern boten die Warnungen vor russischen Umsturzplänen für Sandu jedoch auch einen willkommenen Anlass, um auf die wachsende Unzufriedenheit in der Bevölkerung zu reagieren. Die Inflation ist hoch, wirtschaftliche Impulse gibt es kaum. Die Umfragewerte sanken immer tiefer.

Zwar hat Gavrilita bei der Annäherung an die EU grosse Fortschritte erzielt. Reformprojekte, etwa bei der Korruptionsbekämpfung, kamen aber kaum vom Fleck. Dazu passt, dass auch der Justizminister seinen Hut nehmen musste. In der Justiz wird seit langem der grösste Reformstau beklagt.

Die EU vor Augen

Eine grundlegende Neuausrichtung der Politik des Landes stellt der Wechsel an der Regierungsspitze jedoch nicht dar. Präsidentin Sandu, die frühere Regierungschefin Gavrilita und ihr Nachfolger Recean haben ihre politischen Wurzeln in derselben prowestlichen Bewegung. Auch die neue Regierung nennt eine möglichst rasche Annäherung an die EU als eine ihrer wichtigsten Prioritäten.

Russland hat derweil erneut den moldauischen Luftraum verletzt, um Ziele in der Ukraine zu treffen. Wenige Stunden vor der Abstimmung im Parlament über die neue Regierung wurden beim Dorf Larga im Norden der Moldau Überreste russischer Raketen gefunden.

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