1. August 2019, 11:05 Uhr

Elektromobilität: Das richtige Auto

Lohnt sich die Anschaffung eines E-Autos heute schon?

Nicht jeder kann auf ein Auto verzichten. Doch welches Fahrzeug schadet der Umwelt am wenigsten und ist dabei auch bezahlbar? Der große Nachhaltigkeits-Check.

Lohnt sich die Anschaffung eines E-Autos heute schon? Illustration: Stefan Dimitrov

Von Christina Kunkel

“Das beste Auto ist kein Auto”, sagt Lars Mönch vom Umweltbundesamt, wenn man ihn fragt, was man beim Autokauf im Sinne der Umwelt tun kann. Passen Autofahren und Nachhaltigkeit also nicht zusammen? Experten aller Organisationen, die sich mit Mobilität und Umweltschutz beschäftigten, wissen, dass viele Menschen auch in Zukunft nicht auf ein Auto verzichten wollen oder können. Deshalb lautet die Antwort eher: Kein Auto ist für viele Menschen auch keine Lösung. Doch welches Fahrzeug ist aus heutiger Sicht am wenigsten schädlich für die Umwelt?

Es vergeht kaum ein Monat, in dem nicht eine Studie zur Ökobilanz verschiedener Fahrzeuge veröffentlicht wird. Was es für den potenziellen Autokäufer besonders schwierig macht: Die Untersuchungen kommen oft zu unterschiedlichen Ergebnissen. “Man kann sich das so vorstellen, wie wenn man bei einem Einkaufsnetz mit ganz vielen Lebensmitteln an verschiedenen Ecken zieht - es sortiert sich immer alles neu”, erklärt Mönch. Je nachdem, welche Annahmen man für ein Studie trifft, fällt das Ergebnis zugunsten des einen oder anderen Antriebskonzepts aus. “Ich sehe da auch eine gewisse Instrumentalisierung”, sagt Florian Hacker vom Öko-Institut Freiburg. Nicht alle Hersteller seien so konsequent mit der Fokussierung auf die E-Mobilität wie zum Beispiel VW. “Die Menschen sind verständlicherweise verunsichert. Das wird von manchen Marktakteuren auch bedient, die kein Interesse an einem schnellen Wandel haben.”

So vergleicht etwa eine aktuelle Studie des Fraunhofer-Instituts reine Batteriefahrzeuge und Autos mit Brennstoffzelle - und kommt zu dem Ergebnis, dass der Wasserstoffantrieb bei Autos mit einer größeren Reichweite ökologischer sei. In Auftrag gegeben wurde die Untersuchung von “H2 Mobility”, einem Konsortium von Unternehmen, das den Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur vorantreiben will. Beteiligt sind unter anderem Daimler, Linde, OMV, Shell und Total. Betrachtet man die Annahmen, die für die Studie getroffen wurden, fällt auf: Für reine Elektro-Fahrzeuge werden teils alte Daten verwendet, zum Beispiel für den CO₂-Ausstoß bei der Batterieproduktion. Oder es werden vorteilhaftere Annahmen für das Wasserstoff-Fahrzeug gewählt, zum Beispiel, dass der dort benötigte Strom aus Windkraft stammt (die eine sehr gute Klimabilanz hat), für das E-Auto wird jedoch mit Solarenergie gerechnet, für die ein höherer CO₂-Ausstoß angenommen wird.

Doch woran kann man sich halten, wenn man auf der Suche nach einem neuen Fahrzeug ist? “Als Erstes muss ich mich fragen, wie groß muss das Auto sein?”, rät Kerstin Meyer von der Denkfabrik Agora Verkehrswende, die sich in einer umfangreichen Studie mit dem Thema beschäftigt hat. Viele Menschen würden ein Fahrzeug für alle Eventualitäten wollen. Allerdings ist das durchschnittliche Auto bei einer Fahrt im Schnitt nur mit 1,2 Personen besetzt. Deshalb sei es meist sinnvoll, das kleinere Auto zu wählen und sich zu überlegen, ob man für die Urlaubsfahrt oder den Großeinkauf im Baumarkt nicht einfach ein Größeres leihen kann.

Und welcher Antrieb belastet auf lange Sicht am wenigsten die Umwelt? Mittlerweile kommen so gut wie alle seriösen Berechnungen zum Ergebnis, dass über die gesamte Lebensdauer eines Autos das E-Auto am besten wegkommt. Durch die CO₂-intensive Herstellung der Batterien startet es zwar mit einem “ökologischen Rucksack” in sein Autoleben. Doch dreht sich diese Bilanz im Laufe der Fahrzeugnutzung. “Langfristig ist der Elektroantrieb das Maß der Dinge”, sagen auch die Experten vom Umweltbundesamt.

SZ-Grafik; Quelle: IFEU/ATGORA Verkehrswende

Wie schnell sich das Elektroauto gegenüber einem Diesel oder Benziner rechnet, hängt dabei von vielen Faktoren ab. Diese kann der Autofahrer durchaus beeinflussen. Das fängt bei der der Wahl des Modells an. Bei einem Elektroauto spielen die Batteriekapazität, die Größe und das Fahrzeuggewicht eine entscheidende Rolle. Je mehr Kilowattstunden eine Batterie leistet, desto mehr Ressourcen werden für die Herstellung des Fahrzeugs verbraucht. “Auch ein E-SUV ist kein Öko-Auto”, sagt Marion Tiemann von Greenpeace. Der Vorteil des E-Autos ist besonders groß, wenn es klein und leicht ist und dabei eine möglichst geringe Batteriekapazität hat.

Christina Kunkel [author-profile-1]

Christina Kunkel ist Redakteurin für alle Themen rund um Auto und Mobilität. Geboren in Aschaffenburg, aufgewachsen mitten im schönen Spessartwald. Studierte Online-Journalismus an der Hochschule Darmstadt, wo sie heute als Lehrbeauftrage dem Journalistennachwuchs das Text-Einmaleins beibringt. Die ersten zehn Journalistenjahre war sie meist als Reporterin auf Regionalsportplätzen unterwegs. Nach dem Volontariat dann neun Jahre Online-Redakteurin beim Medienhaus Main-Echo in Aschaffenburg. Und Autos? Fand sie irgendwie schon immer toll, die verschiedenen Automarken konnte sie schon als Baby unfallfrei unterscheiden.